Nein zu den IGV der WHO

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO bilden die völkerrechtliche Grundlage für die “Bekämpfung grenzüberschreitender Infektionskrankheiten”. Sie wurden als für alle Mitgliedstaaten der WHO rechtsverbindliches Dokument 1969 erlassen und 2005 geändert.

Die IGV müssen durch das Parlament!

Am 1. Juni 2024 hat die WHO in der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA) die geänderten IGV in einem verkürzten Verfahren - und unter gravierender Missachtung ihrer eigenen Verfahrensvorschriften - verabschiedet. Diese Annahme der IGV erfolgte unter zahlreichen formal-rechtlichen Fehlern, die es den Mitgliedsstaaten verunmöglichte, die IGV und ihre tatsächlichen Auswirkungen vorab zu prüfen oder nationale Debatten zu führen! Denn - die IGV sind keine einfachen „Vorschriften“, wie der Name suggeriert. Sie sind hingegen ein völkerrechtlich bindender Vertrag und damit ein Staatsvertrag! Viele Änderungen sind umfassend und grundlegender Natur, und erfordern damit die Zustimmung von Nationalrat (einfache Mehrheit) und Bundesrat gemäß Bundes-Verfassungsgesetz (Art. 50.1 und Art. 50.2)!

Die wesentlichen Neuerungen in Kürze

  • Einführung des Begriffs „pandemische Notlage“ (Art 1 IGV Abs. 1).
  • Listung der „relevanten Gesundheitsprodukte“, die neu auch Zell- und Gentherapien umfassen (Art 1 IGV Abs. 1).
  • Zusage zu Solidarität und Gerechtigkeit (equity) bei der Verbesserung des Zugangs zu medizinischen Produkten und der Finanzierung (Art 3 IGV).
  • Einrichtung eines koordinierenden Finanzierungsmechanismus, der die Ermittlung von und den Zugang zu Finanzmitteln unterstützt (Art. 44bis IGV).
  • Zur Reaktion auf Ereignisse, die eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellen können: Verpflichtung der Vertragsstaaten für die permanente Vorhaltung weiterer „Kernkapazitäten“ Annex 1 IGV (A. Geforderte Kernkapazitäten). Neu sind das Vorhalten von Labordiagnostikkapazitäten (auch auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene), Risikokommunikationskapazitäten, einschließlich Umgang mit Fehl- und Desinformation, sowie Kapazitäten zur Erstellung von Handlungsempfehlungen für klinisches Fall-Management.
  • Regelungen zur Risikokommunikation (Annex 1 IGV).
  • Ermöglichung digitaler Gesundheitsdokumente (Artikel 35).
  • Verbindliche Verpflichtung zur Einrichtung oder Benennung bis zu zwei ständigen nationalen IGV-Koordinierungsstelle (National IHR Authority), und nationalen IGV-Anlaufstellen für WHO IGV-Kontaktstellen (National IGV-Focal Points (NFP) (Art 4 IGV).
  • Einsetzung eines Implementation Committee zur Umsetzung und Einhaltung der IGV (Art 54bis).

Bindend oder nicht bindend?

Internationale Zusammenarbeit, gerade in Krisensituationen, ist wichtig und muss stattfinden. Auch, wenn von der WHO vorgeschlagene Empfehlungen rechtlich nicht bindend sind, realpolitisch wird es einem Nationalstaat, der den IGV zugestimmt hat, nicht möglich sein, den WHO Empfehlungen aufgrund internationalen Drucks, möglicher Haftungsfolgen, Auswirkungen auf die Wirtschaft / Handelsbeschränkungen, etc. nicht nachzukommen. Realpolitischer und gesellschaftlicher(!) Druck gestützt auf die Argumente “Sicherheit”, “Solidarität” und “Equity” (Gerechtigkeit).

Hinzu kommt, dass die IGV ein regelrechtes System und Kontrollsystem zu “Pandemiemanagement, Prävention, Vorbereitung, und Reaktion“ implementieren, inklusive zu definierender IGV-Behörde, IGV-Kontaktstellen und Berichtspflichten zum Status der IGV-Umsetzung etc. Weiters wird mit ausgeweiteten vertraglich-finanziellen Verpflichtungen zu rechnen sein, ohne dass deren Höhe, Grenzen oder Dauer festgelegt werden.

  • USA, Argentinien, Israel und Italien haben die IGV jedenfalls fristgerecht zurückgewiesen. Die Schweiz hat einen Vorbehalt betr. “Umgang mit Fehl- und Desinformation in der Risikokommunikation” eingebracht (Stichwort Infodemic & die WHO bestimmt, was wahr bzw. falsch ist). Die Slowakei hat ihre kritische und ablehnende Bewertung zu den IGV bereits in der letzten Weltgesundheitsversammlung im Juni 2024 öffentlich bekanntgegeben. Widerstand auch in Deutschland: so verweigerten die Landesregierungen der Bundesländer Brandenburg und Thüringen im September 2025 die Zustimmung zu einem entsprechenden Zustimmungsgesetz des Bundes, welcher die weitreichenden Änderungen der IGV in nationales Recht überführt.

Anmerkung zu den derzeitigen IGV2005

Die aktuellen IGV2005 wurden durch den Bundeskanzler nur kundgemacht im Bundesgesetzblatt Nr.BGBl. III Nr. 98/2008 am 12.08.2008. Eine Befassung und Abstimmung im Parlament, wie dies für völkerrechtlich verbindlichen Vertrag erforderlich gewesen wäre, erfolgte nicht.

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